Montag, 9. November 2009

24 - Ein Abgesang

Schlimm ist es, wenn man bescheuertes, ideenloses Fernsehen vorgesetzt kriegt.

Viel schlimmer dagegen ist es, wenn man bescheuertes, ideenloses Fernsehen vorgesetzt kriegt, wo einst Innovation und Spannung zu Hause waren.

Ich habe Geduld mit der Serie 24 gehabt. Habe Logik-Fehler ebenso ertragen, wie ein-Gesichtsausdruck-Schauspieler oder den überzogenen, äußerst amerikanischen Patriotismus. Denn ansonsten bot 24 durchaus gelungene Unterhaltung, zwischen Agenten-Thriller und -Action.

Aber mit der aktuellsten, siebten Staffel ist der Bogen überspannt: die Serie verarscht ihre denkfähigen Zuschauer. Ein widerlich-ekliger Patriotismus verklebt noch jede von erhabener Streichermusik untermalte Dialog-Szene; Folter wird derart absurd als notwendiges Mittel glorifiziert (und Jack Bauer irrt sie NIE, wenn er foltert, klar), dass selbst die Szenen, die vorgeblich Folter kritisch thematisieren wollen, wie eine einzige "jetzt seht doch ein, dass wir Guantanamo brauchen"-Fürsprache wirken; die Opferbereitschaft und Obrigkeitshörigkeit, die (völlig im Kontrast zu Jack Bauers ständigen Alleingängen) propagiert wird, hätte Goebbels nordischem Nazi-Kult alle Ehre gemacht; die dümmsten Anfänger-Actionquatsch-Fehler werden mit großem TamTam in Szene gesetzt (drei Gute schießen auf drei Böse, während die Bösen ihrem Ziel nahekommen --> drei Gute haben kaum eine Chance und ziehen sich zurück; drei Gute schießen auf drei Böse, während die Bösen in der Klemme sitzen --> alle Bösen gehen fast ohne Gegenwehr zu Boden); dann die endlosen Wiederholungen und Selbstzitate, die die völlige Ideenlosigkeit der Autoren offen legen (auch das neue Büro besteht aus Klischee-Figuren wie "dem gutherzigen Prinzipienreiter" oder "der fahrigen Top-Programmiererin"; immer gibt es einen Maulwurf in jedem Setting, immer folgt noch eine Attacke, immer sind die persönlichen Beziehungen der Hauptfiguren für die Bedrohung von Bedeutung, immer werden namenlose Statisten sofort erschossen, Hauptfiguren überleben aber fast jede Situation gegen die Wahrscheinlichkeiten)... es könnte ewig so weitergehen.

Wo dem früher noch Spannung und emotionale Bindung entgegen standen, herrscht heute Leere: Die Figuren sind völlig oberflächlich gezeichnet und bloße Trägermasse für den Plott; Jack Bauer nimmt spätestens jetzt überhaupt keinen inneren Konflikt mehr ab, wie er da durch die Gegend rennt und erklärt, alles Gefoltere wäre absolut notwendig; die Action bleibt blass und zu oft gesehen, die Autoren kreieren kaum noch Situationen, die Spannung aufkommen lassen. Es ist ein Trauerspiel.

Und das schlimmste ist: Ich werde mir die Staffel zu Ende ansehen. Und vielleicht sogar auch die nächste wieder. Drecksmist.

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