Mittwoch, 12. September 2007

Szenen. Beobachtungen. I

Sie lacht. Was sie dann auf spanisch sagt, verstehe ich Erwartungsgemäß nicht. Trotzdem scheint es etwas freundliches, wenn auch amüsiertes zu sein, was die Frau vom ERASMUS-Amt meiner Uni mir soeben entgegen wirft. Sie wiederholt auf englisch: "Malasana is like Queens in New York" sagt sie mit Blick auf die Wunschviertel auf meinem Wohnungsgesuch und grinst. Dann entdeckt sie in der Auflistung CHueca, das Schwulenviertel. Ihr Mund formt ein süffisantes Lächeln. "Baaad Boy!"

***

Wir sitzen uns gegenüber. Zwischen den Sätzen klopft sie mit ihren Fingern auf den Tisch, ihr Blick wandert dabei durchs Zimmer. 24 Jahre alt, von den Kanaren, Jura im letzten Jahr. Das weiß ich mittlerweile. Auch, welches Zimmer frei ist, ab wann und was es ungefähr kosten wird habe ich begriffen. Bis dahin war es ein weiter weg. Sie ist geduldig, wiederholt ausgiebig, zeigt auf Dinge, sagt Schlagwörter. Irgendwann begriefe ich dann, worum es geht. Jetzt ist das meiste besprochen, wir sitzen voreinander und ich rätsele erneut, was sie mir sagen will. In diesen Momenten fühlt man sich verloren, sprachlos, als wäre einem die Zunge herausgeschnitten worden und man seiner Sprache beraubt. Sie, die Jurastudentin, spricht fast kein Wort englisch. Mein spanisch holpert noch gewaltig. Ich werfe eine Verabschiedungsformel in den Raum. Wir gehen, sie folgt mir vor die Tür. Dann begreife ich: Nicht ich soll das Feuerzeug kaufen, wenn ich die Wohnung haben will; sie will eines besorgen, das alte ist kaputt. Deshalb hat sie wie wild auf den Herd gezeigt.

***

Morgens Optimismus, nachmittags Depression, abends Bier. Der Argentino aus dem Zimmer von Marie und mir macht es richtig, hat keine Wohnung aber eine gute Zeit. Marie erzählt, das Doppelbett hätte gut gewackelt, morgens um 6. Ich habe ihn und seine Eroberung nur ankommen gehört, aber Marie musste im oberen Bett schlafen. Oder es zumindest versuchen. Hostel Dorm Sex, irgendwie mutig. Viva Espana!

Die Psyche...

...kriegt hier ordentlich Futter. Die Momente zwischen "Alles hinschmeißen" und "großartige Stadt" schwanken stark und schnell, der Druck wird nicht weniger, im Hostel suchen irgendwie alle eine Wohnung. Bei Terminen in der nahen Umgebung trifft man dann auch immer alle, die man morgens beim Frühstück sieht. Und ich frage mich immer wieder, warum eigentlich jemand als Spanier aus 20 Wohnungsbewerbern diesen Deutschen mit kaum Sprachkenntnis und geringem Ordnungssinn nehmen sollte. Es geht weiter.

...gedacht...
...gefunden...
...gehört...
...gelebt...
...gelesen...
...gesehen...
1000 Songs
Madrid 2007-2008
Netzwerkseminar (closed)
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren