Sebastian
Wenn ich über Sebastian nachdenke, ist das immer ein kleiner Selbstbetrug. Vielleicht auch ein großer, wer weiß. Weil das mit Sebastian so lange her ist, und der Verstand mir Streiche spielen könnte, oder ich mich selbst betrüge, aus den unsinnigsten Gründen, die mir so gar nicht einfallen. Aber wenn ich hier über Sebastian schreibe, ist es für mich nichts anderes als die Wahrheit.
Und dann war Sebastian tot. Einfach so. Ohne Zeitlupe, ohne Musik. Sogar ohne jedes Bild. Er war weg. Auch in mir war Sebastian weg, da wo er vorher gewesen war, war ein leerer Platz. Ich war irgendwie wohl traurig, aber vor allem: leer, an Sebastians Stelle.
Ich wusste nichts vom Sterben. Genau genommen auch nichts vom tot sein. Mein Großvater war tot, schon lange. An einem Morgen war mein Meerschwein tot. Ich habe es mir nicht angesehen, ich habe Hausaufgaben gemacht, und dann irgendetwas anderes. Meine Mutter hat das Meerschwein dann weggemacht. Mit einer Schaufel. Das weiß ich nicht mehr, aber ich stelle es mir so vor.
Vielleicht hat jemand Sebastian mit einer Schaufel weggemacht. Und dann etwas anderes. Das ist auch heute noch ein sehr seltsamer Gedanke, weil ich nicht genau weiß, was er bedeutet.
Ich erinnere mich an zwei Dinge von Sebastian: Er war ein sehr guter Schwimmer, er konnte schon mit 10 oder 12 eine ganze 25-Meter-Bahn hindurch tauchen, mit Flossen sogar noch weiter. Er hatte eine Badeshorts, während ich eine enge Badehose trug. Wahrscheinlich habe ich Sebastian ein kleines bisschen bewundert. Wahrscheinlich war Sebastian mein Freund.
Die zweite Sache ist das Lied, über das ich, glaube ich, schon einmal geschrieben habe: Er hatte das Martins-Lied umgedichtet: "Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir, dort oben leuchten die Sterne, und unten leuchten wir. Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus, Rabimmel, Rabammel, Rabumm" heißt es im Original. Bei ihm hieß es: "Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir, dort oben bumsen die Sterne, und hier unten bumsen wir. Mein Sack ist leer, ich kann nicht mehr, Rabimmel, Rabammel, Rabumm."
Eine Weile danach habe ich Sebastians Vater gesehen, der bei der Straßenmeisterei arbeitete und auf der Straße etwas mit einem Gerät maß. Vielleicht habe ich ihn auch nur in der Zeitung gesehen, oder beides. Er sah ernst aus, aber Sebastians Vater war streng, vielleicht sah er so aus.
Es gibt keine richtige Kombination von Wörtern, die beschreibt, was mit Sebastian passiert ist. Er ist nicht getötet worden, auch nicht umgebracht, angefahren, totgefahren, er ist auch nicht einfach gestorben. Er war dann tot. Wir haben in der Schule gebetet, das Vaterunser. Auf der Beerdigung hat ein Mädchen sehr geweint, in das ich verliebt war.
Peggy war früher tot als Sebastian. Peggy war meine Babysitterin, mit der ich um das Aufbleiben gefeilscht habe. Sie war derb und fasste mich manchmal ein bisschen grob an. An einem Morgen ist meine Mutter in Tränen ausgebrochen. "Peggy ist tot" hat sie gesagt. Das war in unserem alten Haus. Die Milch war bei diesem Frühstück viel zu warm, fast heiß, und schmeckte angebrannt. Meine Mutter hatte sich um Peggy gekümmert, Peggy kam vielleicht aus schwierigen Verhältnissen. Sie saß in einem Auto, nach der Disko ist der Fahrer gegen einen Baum gefahren. Peggy war 17, oder vielleicht 18, aber 17 erscheint mir wahrscheinlicher. Ich habe an dem Morgen zu meiner Mutter, oder vielleicht auch zu niemandem, leise gesagt: "Deshalb schmeckt die Milch so angebrannt."
Und dann war Sebastian tot. Einfach so. Ohne Zeitlupe, ohne Musik. Sogar ohne jedes Bild. Er war weg. Auch in mir war Sebastian weg, da wo er vorher gewesen war, war ein leerer Platz. Ich war irgendwie wohl traurig, aber vor allem: leer, an Sebastians Stelle.
Ich wusste nichts vom Sterben. Genau genommen auch nichts vom tot sein. Mein Großvater war tot, schon lange. An einem Morgen war mein Meerschwein tot. Ich habe es mir nicht angesehen, ich habe Hausaufgaben gemacht, und dann irgendetwas anderes. Meine Mutter hat das Meerschwein dann weggemacht. Mit einer Schaufel. Das weiß ich nicht mehr, aber ich stelle es mir so vor.
Vielleicht hat jemand Sebastian mit einer Schaufel weggemacht. Und dann etwas anderes. Das ist auch heute noch ein sehr seltsamer Gedanke, weil ich nicht genau weiß, was er bedeutet.
Ich erinnere mich an zwei Dinge von Sebastian: Er war ein sehr guter Schwimmer, er konnte schon mit 10 oder 12 eine ganze 25-Meter-Bahn hindurch tauchen, mit Flossen sogar noch weiter. Er hatte eine Badeshorts, während ich eine enge Badehose trug. Wahrscheinlich habe ich Sebastian ein kleines bisschen bewundert. Wahrscheinlich war Sebastian mein Freund.
Die zweite Sache ist das Lied, über das ich, glaube ich, schon einmal geschrieben habe: Er hatte das Martins-Lied umgedichtet: "Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir, dort oben leuchten die Sterne, und unten leuchten wir. Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus, Rabimmel, Rabammel, Rabumm" heißt es im Original. Bei ihm hieß es: "Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir, dort oben bumsen die Sterne, und hier unten bumsen wir. Mein Sack ist leer, ich kann nicht mehr, Rabimmel, Rabammel, Rabumm."
Eine Weile danach habe ich Sebastians Vater gesehen, der bei der Straßenmeisterei arbeitete und auf der Straße etwas mit einem Gerät maß. Vielleicht habe ich ihn auch nur in der Zeitung gesehen, oder beides. Er sah ernst aus, aber Sebastians Vater war streng, vielleicht sah er so aus.
Es gibt keine richtige Kombination von Wörtern, die beschreibt, was mit Sebastian passiert ist. Er ist nicht getötet worden, auch nicht umgebracht, angefahren, totgefahren, er ist auch nicht einfach gestorben. Er war dann tot. Wir haben in der Schule gebetet, das Vaterunser. Auf der Beerdigung hat ein Mädchen sehr geweint, in das ich verliebt war.
Peggy war früher tot als Sebastian. Peggy war meine Babysitterin, mit der ich um das Aufbleiben gefeilscht habe. Sie war derb und fasste mich manchmal ein bisschen grob an. An einem Morgen ist meine Mutter in Tränen ausgebrochen. "Peggy ist tot" hat sie gesagt. Das war in unserem alten Haus. Die Milch war bei diesem Frühstück viel zu warm, fast heiß, und schmeckte angebrannt. Meine Mutter hatte sich um Peggy gekümmert, Peggy kam vielleicht aus schwierigen Verhältnissen. Sie saß in einem Auto, nach der Disko ist der Fahrer gegen einen Baum gefahren. Peggy war 17, oder vielleicht 18, aber 17 erscheint mir wahrscheinlicher. Ich habe an dem Morgen zu meiner Mutter, oder vielleicht auch zu niemandem, leise gesagt: "Deshalb schmeckt die Milch so angebrannt."
DeDe - 28. Jan, 01:33
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