StudiVZ - Das letzte Tabu?
Vielleicht bewerte ich das falsch, aber es würde mich nicht wundern, wenn ich am Ende Recht hätte: Auf den Seiten der neuen Trierer Online-Zeitung "16 vor" gibt es einige Artikel zum Verschwinden der Studentin Tanja Gräff nach dem FH-Sommerfest, dass in der Stadt weiterhin für große Aufmerksamkeit sorgt. Unter einem der Artikel findet sich ein Kommentar bzw. Leserbrief, den ich im Folgenden komplett nach der Benutzerin "Anne" zitiere (Screenshot ist sicherheitshalber angefertigt):
Es ist unglaublich, die Geschichte des jungen Mädchens zu verfolgen!Tausende von Menschen versuchen zu helfen, hoffen, beten und jeder hat das Gefühl, es ist ein Albtraum, aus dem man bald wieder aufwacht… Es ist fast alltäglich, dass Menschen verschwinden, aber dieser Fall beschäftigt mich ganz besonders, da Tanja Gräff angemeldet ist auf der Internetseite studiVZ.de, eine Seite für Studenten. Innerhalb weniger Tage hat Tanja auf der sogenannten Pinnwand ihrer Seite fast 3000 (!) Einträge von Kommilitonen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland bekommen und alle wünschen ihr das Gleiche: viel Kraft und Mut, Hoffnung für Freunde und Eltern und jeder hofft das Eine: dass am nächsten Morgen ein Eintrag von Tanja erscheint, in dem sie schreibt, dass es ihr gut geht und sie wieder da ist… Mal wieder sieht man, wie grausam das Leben ist. Es kann jedem zu jeder Zeit passieren… Und v.a. wenn man sich der Person so nah fühlt, weil sie ist wie du und ich, weil man Einblick in ihr Leben hat durch ihre Seite im studiVZ. Auch ich hoffe jeden Tag, dass das alles gut ausgeht, dass Tanja bald gesund wieder zu ihrer Familie und ihren Freunden findet und dass sie dann irgendwann wieder ein so glücklicher Mensch sein kann, wie sie bisher war!
Mancher mag hier vielleicht nur schlichte Anteilnahme lesen, ich dagegen wundere mich über die unnötige Betonung von Existenz und Funktion des StudiVZ, sowie die erstaunlich geschwungene Sprachverwendung. Oder mit anderen Worten: Möchte mich erbrechen ob der widerwärtigen, ekelerregenden Schleichwerbung, getarnt als Anteilnahme am Schickksal eines möglichen Verbrechensopfers! Sollte ich richtig liegen, wäre mir (wenn nicht längst geschehen) allerspätestens jetzt ein guter Grund eingefallen, meine Mitgliedschaft zu beenden...!
Dank geht an F. für den Hinweis!
EDIT: Michael hat sich in seinem Blog mit dem Verhalten der Leute im StudiVZ im Fall Tanja Gräff auseinandergesetzt und dabei einige Punkte angesprochen, die mir auch schon aufgefallen waren.
Es ist unglaublich, die Geschichte des jungen Mädchens zu verfolgen!Tausende von Menschen versuchen zu helfen, hoffen, beten und jeder hat das Gefühl, es ist ein Albtraum, aus dem man bald wieder aufwacht… Es ist fast alltäglich, dass Menschen verschwinden, aber dieser Fall beschäftigt mich ganz besonders, da Tanja Gräff angemeldet ist auf der Internetseite studiVZ.de, eine Seite für Studenten. Innerhalb weniger Tage hat Tanja auf der sogenannten Pinnwand ihrer Seite fast 3000 (!) Einträge von Kommilitonen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland bekommen und alle wünschen ihr das Gleiche: viel Kraft und Mut, Hoffnung für Freunde und Eltern und jeder hofft das Eine: dass am nächsten Morgen ein Eintrag von Tanja erscheint, in dem sie schreibt, dass es ihr gut geht und sie wieder da ist… Mal wieder sieht man, wie grausam das Leben ist. Es kann jedem zu jeder Zeit passieren… Und v.a. wenn man sich der Person so nah fühlt, weil sie ist wie du und ich, weil man Einblick in ihr Leben hat durch ihre Seite im studiVZ. Auch ich hoffe jeden Tag, dass das alles gut ausgeht, dass Tanja bald gesund wieder zu ihrer Familie und ihren Freunden findet und dass sie dann irgendwann wieder ein so glücklicher Mensch sein kann, wie sie bisher war!
Mancher mag hier vielleicht nur schlichte Anteilnahme lesen, ich dagegen wundere mich über die unnötige Betonung von Existenz und Funktion des StudiVZ, sowie die erstaunlich geschwungene Sprachverwendung. Oder mit anderen Worten: Möchte mich erbrechen ob der widerwärtigen, ekelerregenden Schleichwerbung, getarnt als Anteilnahme am Schickksal eines möglichen Verbrechensopfers! Sollte ich richtig liegen, wäre mir (wenn nicht längst geschehen) allerspätestens jetzt ein guter Grund eingefallen, meine Mitgliedschaft zu beenden...!
Dank geht an F. für den Hinweis!
EDIT: Michael hat sich in seinem Blog mit dem Verhalten der Leute im StudiVZ im Fall Tanja Gräff auseinandergesetzt und dabei einige Punkte angesprochen, die mir auch schon aufgefallen waren.
DeDe - 14. Jun, 21:56
Trackbacks zu diesem Beitrag
Dass dabei automatisch Freundschaften entstehen, liegt auf der Hand und ist ein positiver Nebeneffekt, der nat?rlich gew?nscht ist und viele M?glichkeiten bietet. Des weiteren kann man im StudiVZ auch besonders gut alte Freunde wieder finden
The normal fellow would might think... [weiter]
Michael (Gast) - 15. Jun, 00:36
Also Dude, da fallen mir noch mehr Gründe ein, was den Fall Tanja angeht. Es scheint mir so, als würden die Leute ihre niedersten Boulevardgelüste im StudiVZ ausleben. Da ist deine Schleichwerbung fast harmlos.
DeDe - 15. Jun, 01:02
Ein schöner Artikel, der die sicher bei den meisten wirklich vorhandene Anteilnahme um ein paar Facetten erweitert.
Meine Geschichte, sofern ich denn richtig liege, finde ich aber deutlich schlimmer, weil sich eine Firma (!) unter Pseudonym und mit verstecker Werbung (!!) am Schicksal eines verschwundenen Mädchens seinen Marktanteil sichern und ausbauen will (!!!). Das hat - ohne unsensibel oder zynisch sein zu wollen! - Züge von Nekrophilie. Ich kann nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte...
Meine Geschichte, sofern ich denn richtig liege, finde ich aber deutlich schlimmer, weil sich eine Firma (!) unter Pseudonym und mit verstecker Werbung (!!) am Schicksal eines verschwundenen Mädchens seinen Marktanteil sichern und ausbauen will (!!!). Das hat - ohne unsensibel oder zynisch sein zu wollen! - Züge von Nekrophilie. Ich kann nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte...
0700fabsen00 - 15. Jun, 10:32
Nun mal langsam mit den Anschuldigungen.
Es gibt nichts, was ich Medienunternehmen nicht zutraue, aber so eindeutig finde ich die Sachlage hier nun nicht, so lange möchte zumindest ich an der Unschuldsvermutung festhalten.
Allein schon, weil es mir abwegig scheint, dass eine Unternehmung dieser Größe auf einer Trierer Lokalseite Schleichwerbung betreibt...ein echter Hammer wärs natürlich. Ob sich ähnliche Statements finden lassen?
Es gibt nichts, was ich Medienunternehmen nicht zutraue, aber so eindeutig finde ich die Sachlage hier nun nicht, so lange möchte zumindest ich an der Unschuldsvermutung festhalten.
Allein schon, weil es mir abwegig scheint, dass eine Unternehmung dieser Größe auf einer Trierer Lokalseite Schleichwerbung betreibt...ein echter Hammer wärs natürlich. Ob sich ähnliche Statements finden lassen?
DeDe - 15. Jun, 10:52
Ich habe ja mehrfach betont, dass ich nicht sicher sagen kann, ob dass Zufall ist, oder ob ich richtig vermute. Aber irgendwie kommt mir das nicht kosher vor, nenn es Medienparanoia...
Das werben auf einer Lokalseite finde ich dagegen weniger abwegig. In den überregionalen Medien findet das Thema statt, aber nicht in dem Maße, wie das lokal der Fall ist, die meiste Aufmerksamkeit sitzt nach wie vor in Trier. Wenn sich dann die Leute eben auch auf lokalen Seiten über den Fall informieren, lässt sich mit einem einfachen Eintrag leicht ein annehmbarer Effekt erreichen.
Mit der Unschuldsvermutung hast du nicht unrecht, ich habe die Überschrift dahingehend modifiziert.
Das werben auf einer Lokalseite finde ich dagegen weniger abwegig. In den überregionalen Medien findet das Thema statt, aber nicht in dem Maße, wie das lokal der Fall ist, die meiste Aufmerksamkeit sitzt nach wie vor in Trier. Wenn sich dann die Leute eben auch auf lokalen Seiten über den Fall informieren, lässt sich mit einem einfachen Eintrag leicht ein annehmbarer Effekt erreichen.
Mit der Unschuldsvermutung hast du nicht unrecht, ich habe die Überschrift dahingehend modifiziert.
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