SanMiguel (Gast) - 12. Mär, 20:54

Einige Bemerkungen meinerseits, die euch beiden in verschiedenen Punkten teilweise Recht geben, teilweise auch nicht:

@ Michael: Ich pflichte dir vollkommen bei, dass die mediale Aufmerksamkeit, wie sie andere Amokläufe - in Deutschland allen voran Erfurt - hervorgerufen haben, aus unserer (Laien-)Sicht zweifelsohne zur Verbesserung der Handlungen bei Behörden und Polizei geführt hat.

Ebenso halte auch ich die Fragen für berechtigt, wieso eine - wenngleich im Schützenverein vertretene - Privatperson erstens ein solch immenses Waffenarsenal besitzen muss, und dieses zweitens inklusive Munition für jemand anderen als den Besitzer des Waffenscheins zugänglich ist.

@ DeDe: Sicherlich, das 15-teilige Waffenset als solches - oder das 300-PS-Auto, das du als gutes Beispiel anführst - ist dem Besitzer dank seiner Persönlichkeitsrechte nicht zu nehmen. Wenn die Waffensammlung allerdings unsachgemäßg aufbewahrt wird und damit Ereignisse wie den gestrigen Amoklauf zwar nicht auslöst, sehr wohl aber den finalen Weg bereitet, würde ich mein Sicherheitsbedürfis über das Recht des Waffennarrs auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit stellen.
Soll heißen: Während ich die Killerspiele* als häufig diskutierte Ursache für Gewalt ebenso leid bin wie du, halte ich die Diskussion um schärfere Waffengesetzte zumindest nicht für vollkommen überflüssig. Denn wenn es dem Sohn gelingt, aus dem laut Gesetz mehrfach zu sichernden Waffenschrank seines Vaters eine Pistole sowie haufenweise Munition zu stibitzen, kann es sicherlich ein Einzelfall sein; oder aber ein immer noch zu lasches Waffengesetz.

Grundsätzlich aber, und da folge ich deiner Argumentation vollends, sind Taten wie die gestrige "Kollateralschäden einer erbarmungslosen, individualisierten Leistungsgesellschaft", wie du es meiner Meinung nach recht treffend formulierst. Nicht Killerspiele, nicht zu lasche Waffengesetze und fehlende Eingangskontrollen an Schultoren (nein, nicht jede Schule hat ein Schultor!) sind die Ursache von Gewalttaten, die im schlimmsten Fall in Amokläufen münden.

Du hast vollkommen Recht: Ursachen für solcherlei "Gräueltaten" sind auf ein unfaires Bildungssystem und sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass Menschen, die soziale oder psychologische Hilfe nötig hätten, diese längst nicht überall in Deutschland finden. Vor allem aber fehlt es eben an dem "achtsamen Miteinander, bei dem einer auf den anderen achtet und sich kümmert": Jedes Mal auf's Neue, wenn ein Ereignis, wie es gestern in Winnenden geschehen ist, die Nation schockt, wird darüber diskutiert, wie Menschen wie Tim K. besser integriert werden können. Und neben vielen anderen Punkten (Eltern müssen sich mehr um ihre Kinder kümmern, Lehrer sollen helfen, Freunde sollen helfen) ist ein Ergebnis dieser Diskussionen jedes Mal: Ein JEDER hat die Verantwortung, sich um vermeintliche Außenseiter zu kümmern, sich ihnen in ihrer Isolation zuzuwenden, auf ihre Probleme einzugehen und ihnen - soweit möglich - Hilfe anzubieten. Viele ignorieren diese Verantwortung (Hat nicht fast jeder von uns mindestens den einen Schul"kameraden" gehabt, der immer außen vor war, der ausgelacht wurde, der "anders" war? Wieviele von uns sind auf denjenigen zugegangen und haben sich ernsthaft mit ihm beschäftigt, anstatt ihn sich selbst zu überlassen?), schieben sie auf "die anderen", manche erkennen die Verantwortung zwar an, tun aber nichts.

Und mit abnehmender Medienberichterstattung und abnehmender Wahrnehmung ist das Thema dann bald ohnehin wieder gehalten - bis zum nächsten Mal. Die Politiker werden sich schon drum kümmern, dass man "Leute wie Den" besser integriert. Aber so einfach ist es eben nicht, wie du richtig sagst, DeDe: In jedem Fall verhindern kann man solche Ereignisse schlichtweg nicht.

* In diesem Zusammenhang sind mir allerdings auch zwei, drei Kommentare in Zeitungen und online positiv aufgefallen, in denen in die gleiche Kerbe geschlagen und von den ach so bösen Killerspielen als Ursache für Gewalttaten Abstand genommen wird.

Löwenherz - 12. Mär, 21:40

Moment, die Gesetze sind nicht "lasch". Die Kontrolle und die Vollstreckung sind es! Wer geht schon in die Eigenheimer und kontrolliert, ob das Schränkchen schön abgeschlossen ist? Niemand macht das. Was mal wieder ein schönes Beispiel ist, dass Verbote und Einschränkungen sowieso meist am eigentlichen Sujet vorbei gehen. Und ergo auch nur begrenzt was bringen...
DeDe - 12. Mär, 22:51

Ich bin mit Sicherheit kein Waffennarr, wegen mir könnte es ein totales Verbot von Feuerwaffen für den zivilen Bereich geben.

Zum einen aber finde ich es wichtig, von den eigenen Gefühlen, Gedanken und Interessen abstrahieren zu können; wenn plötzlich Leute auf die Idee kommen, ein deutschlandweites Auftrittsverbot für Metalbands einzuführen, bin ich plötzlich der, den es betrifft. Ich denke, eine demokratische Gesellschaft kann nur auf einer größtmöglich persönlichen Freiheit bestehen; mit jedweder Art der Einschränkung bin ich deshalb immer sehr vorsichtig. Wehret den Anfängern, you know...

Zum anderen habe ich - wie unser Löwe offenbar auch - nicht den Eindruck, dass die Waffengesetze zu lasch sind. In der Schweiz (berichtigt mich bitte ggf., ich habs nicht nachgeprüft) hat jeder wehrfähige Mann ein Gewehr zuhause, das dürfte in der Summe eine wesentlich höhere flächendeckende Verfügbarkeit an Feuerwaffen als Konsequenz bedeuten; von Amokläufen in der Schweiz hört man aber (noch) wenig.

Die Frage wäre für mich: Welches Gesetz kann man erlassen (und durchsetzen/überprüfen), dass eine solche Bluttat wie in Winnenden deutlich unwahrscheinlicher macht? Außer einem kompletten Verbot (das sich die Waffenlobby nicht abringen lassen wird) kann ich mir da wenig vorstellen. Ob die Eltern 1, 5 oder 100 Pistolen zu Hause haben ist unerheblich; es muss ja offenbar nur eine frei herumliegen. Und selbst bei einem kompletten Bann von Feuerwaffen für Privatpersonen - es blieben Jäger, Polizisten, Soldaten, Sicherheitsbeamte; die bewahren alle (mit wechselnder Häufigkeit) Waffen auch in ihrer Privatumgebung auf.

So verlockend ich die Idee finde, Prävention per Gesetz zu betreiben, ich glaube nicht recht, dass das gelingt.

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