Freitag, 2. April 2010

Meta-Hitler

Ich überlege ja schon eine Weile, was ich eigentlich von Daniel Erks Hitler-Blog bei den tazblogs halte.

Vorweg: Erstmals von Daniel Erks Existenz erfahren habe ich durch seine Doppelkolumne in Neon. In den dort veröffentlichten Alltags-WG-Geschichten über das Koexistieren mit Frauen erschien mir Erk meist wie ein frühverklemmter Kuschelpädagoge mit selbsttherapeutischem Schreibzwang - denn was er da schrieb war in meinen Augen an keiner Stelle irgendwie erzählenswert und prägte doch nur Neons Image als Studentenbravo. (Weshalb er an anderer Stelle mal zu einem der peinlichsten Berliner gekührt wurde.)

Das Hitler-Blog zeigt ihn von einer anderen Seite: Erk sammelt hier im popkulturellem Umfeld gesichtete Fundstücke mit Hitler- und Nazi-Bezug, deren Natur von skurril über witzig bis dumm und bedenklich reicht. Eine gute, zuweilen launige Idee.

Allerdings erhebt Erk gern den moralischen Zeigefinger, wenn er anderen erklärt, was lustig ist, und worüber man lieber den Kopf schütteln sollte. Dass er dabei häufig sehr richtig liegt und seine Ansichten mit rechtlichen oder philosophischen Präzedenzfällen zu stützen weiß, nimmt dem ganzen den schalen Beigeschmack nur selten. Denn obwohl es so sinnvoll wie notwendig ist, fremdenfeindliche Hetze oder verunglückte Nazi-Referenzen als das zu benennen, was sie sind, wirkt Erk dabei nicht immer als kluger Mahner. Stattdessen kommt er gelegentlich bestürzend unlocker herüber, wenn er sich für kein Rechthaber-Duell mit Kommentar-Trolls zu schade ist, und vermittelt dem Leser insgesamt das Gefühl einer moralischen Überlegenheit, die im besseren Fall das Gegenüber in die Schülerrolle in Sachen NS-Zeit verweist, im schlimmeren eine Normalisierung im Umgang mit der NS-Zeit verhindert ("Normalisierung" ist in dem Zusmamenhang immer ein schwieriges Anliegen, weil es nach rechts anschlussfähig ist; ich meine das aber in keinem Moment geschichtsrelativistisch, sondern im Sinne einer rationalen anstatt einer emotionalen oder moralischen Auseinandersetzung). Womit er das Gegenteil dessen erreicht, was das Blog eingentlich bewirken könnte: Statt über den schleichenden Eingang von Nazi-Symbolik in die Popkultur und deren Instrumentalisierung zu sprechen, wird im Hitlerblog noch zu oft um Meinungsführerschaft gerungen.

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